Eine Kuh namens Erika
Aus gegebenem Anlass berichten wir heute von einer ganz besonderen Kuh.
Ohne sie würde es unseren Partnerhof so, wie er jetzt ist, nicht geben.
Seit 2006 lebte sie auf dem Hof der Familie Michiels. Der damalige Milchviehbetrieb hielt es, wie jeder andere: Milchkühe werden zum Schlachter gebracht, sobald die Milchleistung sinkt. Das ist etwa im Alter von 5-6 Jahren. Bis dahin haben Kühe jedes Jahr ein Kalb zur Welt gebracht, das ihnen nach kurzer Zeit weggenommen wird. Denn, was so plausibel ist, wissen tatsächlich einige Erwachsene nicht: Kühe geben, wie alle anderen Säugetiere einschließlich wir, nur dann Milch, wenn sie trächtig sind oder gerade ein Kalb bekommen haben. Und um ständig Milch zu geben, wird in der Milchindustrie eben ständig geschwängert. Solange, bis der Körper das nicht mehr mit macht.
Erika wurde sechs Mal Mama.
Als sie zum Schlachter sollte, haute sie ab. Mehrfach. Im Ort wurde sie für ihren eigenen Kopf bekannt, bis Familie Michiels es nicht über´s Herz brachte, sie schlachten zu lassen. Also durfte sie bleiben. Obwohl sie nur ein Rädchen im Getriebe der Industrie war, nahm sie das dem Menschen nie böse. Ihr Wesen war so derart freundlich, sie liebte es, am Hals gekrault zu werden und war so sanft zu Kindern. Durch ihren ganz eigenen Charakter brachte sie den Stein ins Rollen. Immer mehr Kühe wurden verschont, bis Familie Michiels den Milchviehbetrieb schließlich ganz an den Nagel hängte. Zu Erikas Freundinnen gesellten sich irgendwann auch Schafe, Ziegen, Hühner, Gänse und Kaninchen. Und so entstand der Verein Erika&friends.
Heute lebt der Hof vom Anbau diverser Gemüse- und Getreidesorten wie Mais, Kartoffeln und Weizen und von Spenden. Als idyllischer Begegnungsort für Kinder hat sich der Hof etabliert und wird immer beliebter. Mit viel Liebe für´s Detail ist ein unglaublich herzlicher und bunter Ort entstanden, der Kinder und auch Erwachsene auf den Boden zurückholt und der Seele gut tut.
Vergangenen Sonntag trat Erika ihre letzte Reise an. Im Alter von 18 Jahren.
Heute haben wir leider sehr traurige Nachrichten für euch. 💔 Am Sonntag mussten wir die schwerste Entscheidung treffen, die man für seine Schützlinge treffen kann.
Unser Erika ging es leider immer schlechter, obwohl wir das Gefühl hatten, dass die neu installierte Rotlichtlampe ihr nochmal etwas Lebenskraft geschenkt hat. Erika hat uns in den letzten 18 Jahren immer wieder gezeigt, was sie für einen starken und individuellen Charakter hat – wir haben noch keine größere Kämpferin als unsere Erika kennengelernt.
Ohne die aufgeschlossene Kuhdame wären wir nicht hier, wo wir heute sind. Ohne sie gäbe es den Verein nicht und wir könnten nicht über 50 Kühen und vielen weiteren Tieren ein glückliches, sorgenfreies Leben ermöglichen. Sie hat den Stein ins Rollen gebracht.
Wir sind der freundlichen Dame auf ewig dankbar für die Liebe, die sie uns und auch jedem noch so kleinen Besucher gezeigt hat. Sie hat viele Menschen dazu bewegt Kühe als die wundervollen Wesen wahrzunehmen, die sie sind und von dem Nutztiergedanken weg zu gehen.
Genau aus diesen Gründen, und gerade weil wir Erika so sehr schätzen, mussten wir am Sonntag schweren Herzes entscheiden, dass wir sie gehen lassen. Unser Tierarzt hat sie in ihrem Heubett unter Streicheleinheiten von uns allen eingeschläfert. Sie hatte ein so viel längeres und schöneres Leben als es für eine Milchkuh vorhergesehen ist – wir hätten ihr trotzdem so unglaublich gerne noch endlos viele, schöne Tage beschert. Wir werden unsere aufmerksame Erika vermissen und hoffen, dass der Kuhhimmel sehr viel Kopfsalat und Pferdeleckerchen für sie bereithält.